Im Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Münster fand das vergangene Semester einen einzigartigen und in vielerlei Hinsicht bewegenden Abschluss. Nach zahlreichen Wochen des E-Learnings, kurzfristig organisierten ZOOM-Treffen und der Schließung sämtlicher Studierendenangebote war die Präsenzwoche der „International Summer School of Dance & Movement Science“ ein gelungener Höhepunkt dieses außergewöhnlichen Semesters. Frau Prof. Dr. Kulkānti Barboza aus dem Lehrgebiet Ästhetik und Kommunikation fesselte die jungen Studierenden im Seminar „Interkultureller Kompetenzerwerb durch Tanz und Bewegung“ mit einer kreativen Kombination aus Theorie und Praxis.
Die ursprünglich geplante Teilnehmeranzahl wurde aufgrund der bestehenden Corona-Beschränkungen leider halbiert. So mussten die Studierenden aus Deutschland bedauerlicherweise auf die Teilnahme der ausländischen Gäste und den direkten internationalen Austausch verzichten, fanden aber dennoch einen tiefen Zugang zur Auseinandersetzung mit Interkulturalität. In theoretischen Einheiten am Vormittag verschaffte die Gruppe sich einen umfangreichen Einblick in weltweite Kulturen mit dem Schwerpunkt auf Süd-Indien. Davon ausgehend erarbeiteten sie sich erstes Wissen über die universale und doch kulturspezifische Bedeutung von Bewegung und hinterfragten zugleich den eigenen Blick auf die vielfältigen Lebensweisen dieser Welt. Dabei sorgte die kritische Selbstreflexion für einige Schockmomente: „Ich muss mich in meiner Sozialisation viel mehr hinterfragen und nicht mehr nur mit meiner Brille schauen.“ Um derartige Denkweisen zu überwinden, bedarf es weit mehr als faktischem Wissen über ein Land, so auch Prof. Barboza: „Ich glaube, wir können uns sehr viel sehr theoretisch mit anderen Kulturen, mit anderen Denkweisen auseinandersetzen, aber wir bleiben natürlich immer auf Distanz. Und in dem Augenblick, wo ich zum Beispiel eine andere Tanzbewegung an meinem eigenen Leib erfahre und auf einmal spüre, dass das vielleicht auch eine Art von Fremdheitserfahrung auslöst, ist das eben etwas ganz anderes. In dem Augenblick, wo es meine eigene Leiblichkeit betrifft, geht das wesentlich tiefgründiger.“ Eine Woche lang überwanden die Studierenden täglich ihre Hemmungen, verließen ihre Komfortzonen und lernten, Grundlagen zahlreicher interkultureller Tanzstile nicht nur umzusetzen, sondern auch zu respektieren. In gegenseitiger Unterstützung und mit beeindruckender Gruppendynamik kreierten sie eine transkulturelle Choreografie unter anderem mit Elementen aus dem indischen Bharatanatyam, der brasilianischen Samba, sowie dem kubanischen ChaChaCha und präsentierten das vielfältige Ergebnis zum Schluss mit Stolz als eigens gestaltete Prüfungsleistung. Nicht nur der Zusammenhalt der vorher fremden Seminarteilnehmenden, sondern insbesondere die Demut vor den Erfahrungen der vergangenen Tage wurde hier noch einmal deutlich. Dies nahm auch der Medienpädagoge Molla Demirel wahr. Der Geschäftsführer des Radio-Kaktus Münster e.V., dessen Team das Seminar dokumentierend begleitete, stellte nach der letzten Reflexionsrunde fest: „Es hat sich wieder einmal gezeigt: Menschen lernen von Menschen“. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verließen die Studierenden die Seminarräume und schlossen ein weiteres Wiedersehen mit der neuen Tanzgruppe nicht aus.